„Wenn jede Entscheidung vor dem Hintergrund der Treibhausgasemissionen mitgedacht wird, ist was drin“, so Tanja Reilly. Während der Green Innovation Week fordert Tanja Reilly dazu auf, ins Machen zu kommen. Und zwar mit Daten als Basis und dem Impact als Ziel vor Augen.
Auf der CO2-Reduzierung liegt der Fokus in den nächsten Dekaden. Dafür möchte Tanja Reilly sensibilisieren und verweist auf den wirtschaftlichen Schaden, der u. a. mit der Zunahme extremer Wetterereignisse zusammenhängt. Aber auch der Verlust von Artenvielfalt, der sich auf die Lebensmittelproduktion auswirkt, oder die Ressourcenknappheit von Wasser, die zu sozialen Konflikten führt, rückt sie gleich zu Beginn ins Bewusstsein. „Es ist ein komplexes Thema mit vielen Herausforderungen, aber es gibt auch Lösungsansätze“, so Tanja Reilly, die auf profitable Lösungen zum Schutz der Umwelt verweist. Um die Emissionsreduktion in der Lieferkette voranzutreiben, braucht es jedoch vor allem Daten. „Diese müssen, wie in unserem ersten ‚Carbon Maturity Report‘, erhoben und dargestellt werden“, so die Referentin. „Die Ergebnisse zeigen, wo die Probleme liegen. Wir brauchen ein skalierbares Engagement der Lieferanten, um globale Lieferketten zu dekarbonisieren.“ Bislang ist die Bereitschaft – das zeigt die Bewertung von 15.000 Lieferanten (Stand Juli 2022) – allerdings gering. Aus dem Report lässt sich aber auch ablesen, dass die Bereitschaft, die Emissionsminderung nach Scope 1, 2 und 3 bewerten zu lassen, abhängig von der Größe eines Unternehmens ist. Je größer das Unternehmen, desto größer ist auch die Bereitschaft. „Nur 8 Prozent lassen ihre Daten zum Ausstoß von Treibhausgasen allerdings durch eine dritte Partei prüfen, und nur 14 Prozent geben diese öffentlich bekannt“, kommentiert Tanja Reilly die Zahlen.
Zu den Top-3-Maßnahmen, die greifen, zählt laut Report die Nutzung erneuerbarer Energien (26,5 %). Danach folgen die Aufrüstung bzw. Nutzung von Technologien oder Ausrüstungen zur Verbesserung der Energieeffizienz (19,5 %) bzw. Systeme zur Abwärmerückgewinnung oder Kraft-Wärme-Kopplung (5,5 %). Entscheidend für eine weitreichende Dekarbonisierung in den Lieferketten ist es aus ihrer Sicht, die Lieferanten in den Dialog einzubinden. „Wo hole ich wen ab“, lautet für sie die Frage. „Ermutigen, Wissen zu teilen, ist wichtig. Egal, ob mittels Datenbanken oder Round-Table-Gesprächen – wir kommen nur gemeinsam voran.“ Eine Strategie, angepasst an die Gegebenheit der Lieferkette, bildet ebenso wie die Verständigung auf gemeinsame Dekarbonisierungsziele und -pläne, die Basis. In der Praxis heißt das, Unternehmen entsprechend ihres Reifegrads einzubinden, um gemeinsam Fortschritte zu erreichen. „Es ist ein Prozess, der aus mehreren Schritten besteht“, sagt Tanja Reilly. Zu den weiterführenden Maßnahmen zählt zum Beispiel, dass sich Lieferanten, Ziele basierend auf wissenschaftlichen Grundlagen setzen und die Leistungsverbesserungen und die Reduzierung der Treibhausgase nachweisen. Im finalen Step sollten Unternehmen wiederum zu Botschafter*innen für eine Netto-Null werden.
Dass sich etwas bewegt, belegen die Zahlen aus Unternehmen, die den Einstieg in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess vollzogen haben. 41 % dieser Unternehmen verbesserten ihre Verpflichtungen, Maßnahmen und Berichterstattungspraktiken. „Der Einkauf kann der Game Changer sein. Denn Einkaufsorganisationen haben einen großen Hebel, um die Klimaziele zu erreichen“, erklärt Tanja Reilly. So werden Emissionen entlang der vorgelagerten Wertschöpfungskette – dazu zählen u. a. eingekaufte Waren und Dienstleistungen – in Scope 3 berücksichtigt. Das heißt: Unternehmen müssen Scope 3-Emissionen in ihre Ziele aufnehmen, wenn mindestens 40 % ihrer Gesamtemissionen Scope 3-Emissionen sind. Eine der großen Herausforderungen liegt laut Reilly darin, Lieferant*innen mit hohem Risiko zu identifizieren. Wenig Transparenz und Daten, kaum Zugang zu den CO2 –Managementpraktiken der Geschäftspartner*innen in der Wertschöpfungskette, aber auch einen Mangel an erschwinglichen und soliden THG-Berechnungstools sind einige der Herausforderungen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind. „Umso wichtiger sind Austausch und Zusammenarbeit“, mahnt Tanja Reilly mit Blick auf die Probleme, die es bei der Umsetzung von Scope 3 gibt. Neben dem Zugang zu Werkzeugen und Wissen ist aus ihrer Perspektive die Skalierbarkeit ein entscheidendes Element. „Daher ist auch die Einbindung des Einkaufs so wichtig. Hilfreich ist es, gegebenenfalls einen Business Case für die Führungsebene aufzubauen, um über unterschiedliche Fragestellungen wie Strategie oder Prozesse nachzudenken. Aber auch, um Kommittent und Budget für eine bedarfsgerechte Dekarbonisierung zu erhalten“, empfiehlt sie. „Letztendlich muss ich aber mein Netzwerk verstehen und wissen, was die Partnerschaft zu meinen Lieferanten ausmacht, damit ich messbare Ziele setzen und überwachen kann! Kompetenzen aufzubauen, um Änderungen zu erzielen, ist daher wichtig.“
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